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Fanfiction Übersicht - Crossover / Fusion

Titel: Commando Leviathan
Autor: Hellfire
Kurzbeschreibung: Nach einer verheerender Katastrophe im Jahre 2000 bricht ein gewaltiger Krieg aus. Aber was ist davor geschehen? Und wird die Menschheit jemals wieder normal leben können?


Erster Part

Zweiter Part
Das erste Kapitel habe ich nun endlich hinter mir. Und hier kommt auch gleich das zweite Kapitel hinterher. Ich hoffe sehr, dass euch das erste Kapitel gefallen hat und ihr auch dieses Kapitel mit Begeisterung lesen werdet.

Ich werde auch in Zukunft Zeitsprünge einbauen, sodass man die gesamte Tragweite einzelner Ereignisse erst zu einem viel späteren Zeitpunkt vollständig verstehen kann. Ich möchte mich hier noch bei allen Lesern bedanken, die mir Kommentare geschickt und mich dadurch ermutigt haben weiter zu schreiben.

Falls unter euch FanArt-Zeichner sind, möchte ich sie hiermit fragen, ob sie nicht vielleicht einige FanArts zu den Seraphmodellen und den einzelnen Personen machen wollen, die ich zur Personenbeschreibung, die ich bald anlegen werde, hinzufügen kann.

Und hier kommt noch mal der Standardtext:

Eure eigenen Meinungen, Ideen für den Geschichtsablauf, Drohungen, etc. werden immer gerne gesehen.
E-Mail: Nexus_8688@web.de
ICQ: 340004880 - Kanzler

Wenn ich pro Kapitel mindestens 7 Kommis bekomme, schreibe ich eine Fortsetzung. (Nennt es Erpressung, ich nenne es eine Bestätigung, dass meine Geschichte überhaupt gelesen wird.) Jedes Kapitel wird etwa 10.000 Wörter beinhalten.

[Ähnlichkeiten mit lebenden Menschen sind nur zufällig. Ich habe alle Charaktere selbst erfunden, verleihe sie aber gerne weiter, falls so etwas gewünscht wird.]

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Kapitel II:

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= Januar 2000 Antarktis =
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Es geschah in der ersten Minute des neuen Jahrtausends. Plötzlich wurde die Ruhe in der Antarktis durch eine gigantische Erschütterung zerrissen. Diese Erschütterung besaß eine Kraft, die das menschliche Fassungsvermögen zu sprengen drohte, und sie atomisierte alles und jeden, der sich zu nahe an der Explosion aufgehalten hatte. Die Personen, die sich ganz in der Nähe des Explosionszentrums befunden hatten, hatten nicht einmal registrieren können was geschehen war. Sie waren innerhalb von Millisekunden tot. Durch die enorme Hitze schmolzen in wenigen Sekunden Eismassen von der Größe Chinas und gewaltige Erdbeben zerfetzten die scheinbar unendlichen Eismassen der Polkappe. Hätte irgendjemand in der näheren Umgebung diese Explosion überlebt, hätte er einige äußerst phänomenale Ereignisse miterleben können. So aber blieben diese Ereignisse der Menschheit für die nächsten 15 Jahre unbekannt.

An der Küste der Antarktis hatte gerade ein Forschungsschiff angelegt und mehrer Arbeiter waren gerade dabei Vorräte aus dem Schiff zu entladen, als die Ereignisse plötzlich aus dem Ruder zu laufen begannen. Zuerst sahen sie mit an, wie eine kleine Trägerrakete aus einem der am weitesten entfernten Gebäude gestartet wurde. Niemand hatte von der Existenz dieser Rakete gewusst und so wunderten sich die Arbeiter, woher die Rakete kam und warum man sie gestartet hatte. Im nächsten Augenblick wünschten sie sich, dass sie die Antwort niemals erfahren hätten. Vollkommenes weißes Licht flutete über sie herein. Sofort schrieen sie schmerzerfüllt auf, da dieses Licht so intensiv war, dass sie geblendet und danach bei lebendigem Leib gekocht wurden. Die gewaltigen Erdstöße, die gleich danach einsetzten, konnte niemand mehr miterleben, da sie bereits alle tot waren.

Das amerikanische Atom-U-Boot USS Charleston hatte soeben seine Fahrt in einem der antarktischen Unterwassergräben begonnen, wo sie ihre neuen Sonarfrühwarnanlagen testen wollten. Als die besagten Frühwarnsysteme plötzlich verrückt zu spielen begannen, dachte man zuerst an eine Fehlfunktionen. Sekunden später begann das Wasser sehr stark zu vibrieren und sieben weitere Sekunden später schlug ein riesiger Felsbrocken in das U-Boot ein. Der gesamte Unterwassergraben brach ineinander zusammen und begrub das U-Boot unter tausenden Tonnen von Geröll. Die Schreie der 118 Mann starken Mannschaft verloren sich in den unendlichen Tiefen der Ozeane.

Überall auf der Welt schlugen Seismographen aus. In kurzer Zeit entstanden in ehemaligem Flachland neue Gebirge und Gebirge, die seit Jahrmillionen existiert hatten, fielen in sich zusammen. Ganze Städte wurden in den manchmal minutenlangen Beben dem Erdboden gleichgemacht. Satellitenaufnahmen registrierten riesige Flutwellen, die von der Antarktis ausgingen und die ganze Nationen innerhalb von Minuten auslöschten.
An fast jedem Punkt der südlichen Halbkugel konnte man das Leuchten am südlichen Horizont sehen. Zu diesem Zeitpunkt wusste noch niemand, dass dieses Licht der Vorbote der Hölle sein sollte.

An diesem Tag starb über die Hälfte der Menschheit. Über drei Milliarden Individuen. Für die Überlebenden brannte sich dieser Tag als ‚Tag der Abrechnung’ in ihr Gedächtnis ein. Aber es gab kaum Zeit, in der man um die Toten trauern konnte. Durch die unzähligen Katastrophen brachen auf der ganzen Welt Hungernöte, Aufstände und Kriege aus. Wie es schien wollte die Menschheit das vollbringen, was der Natur nicht gelungen war. Nämlich die Ausrottung ihrer ganzen Spezies. Die nächsten Jahre gingen als ‚Zeitalter der göttliche Kriege’ in die Geschichte ein. Es war eine Zeit, in der die Menschen entweder näher zusammenrückten und sich gegenseitig in dieser schweren Zeit halfen oder in der sie erbarmungslos versuchten sich gegenseitig auszurotten. In dieser schrecklichen Zeit brachen manche Nationen völlig in sich zusammen, andere stiegen zu neuem Ruhm auf. Die ersten Jahre dieses neuen Jahrtausends waren durch gewaltige Feldzüge, unzählige Massaker und dem brutalen Versuch einzelnen, aber äußerst mächtiger Nationen geprägt, die versuchten so viele Ressourcen wie irgendwie möglich für sich zu sichern. Es kam aber auch vor, dass unendlicher Heldenmut, die reine Unschuld des Herzens und das Verlangen den Frieden in der Welt wiederherstellen zu wollen das Denken der Menschen dominierte.

Das Jahr 2000 brachte Ereignisse hervor, die Jahre später über das Schicksal der Welt entscheiden sollten. In den unzähligen Kriegen verloren sich diese Ereignisse jedoch in der Dunkelheit, denn die Menschen hatten in dieser Zeit nur ein einziges Ziel: Überleben. Jahre später sollte sich die Lage wieder normalisierte und ein globaler Frieden entstehen, was der tatkräftigen Unterstützung von Millionen von Soldaten und ihren Anführen zu verdanken war. Da das aber noch niemand wissen konnte, wurden die Kriege mit unvermittelter Härte weitergeführt, um das Überleben der jeweiligen Heimat zu sichern.

***

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= November 2002 Hauptquartier der dritten Seraphimarmee =
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Eine lange Autokarawane aus großen, schwarzen Transporter steuerte auf einen großen Komplex zu. Dieser maß mehrere Quadratkilometer und besaß hunderte verschiedene Gebäude, die alle in einem tiefen Grauton gehalten waren. Vor dem Krieg hatte sich an diesem Ort der F.-J.-Strauß-Flughafen befunden. Nachdem Mitte März des Jahres 2000 die ersten Seraphimprototypen die Fabriken verlassen hatten und sie ihre Feuerprobe im Krieg gegen Holland mit Bravour bestanden hatten, wurde die Armee enorm umstrukturiert und verstärkt. Überall in Deutschland wurden Kasernen, Fabriken und Ausbildungslager erneuert oder von Grund auf neu erbaut und die Seraphim wurden als die deutschen Hauptstreitkräfte deklariert. Die deutsche Wirtschaft wurde komplett auf den Bau von Seraphim umgestellt und in ganz Deutschland forschte man nach Verbesserungen für die eigentlich zum Transport von schweren Gütern konzipierten Seraphim. München hatte sich wegen seiner Lage als Standort für das Hauptquartier der dritten Seraphimarmee durchsetzten können. Heute war der ehemalige Flughafentower von unzähligen Hangars umring, in denen Seraphim gewartet und repariert wurden. Das frühere Terminal A diente nun als Verwaltungsgebäude, in dem die deutschen Kriegsanstrengungen koordiniert und neue Piloten für die Seraphim ausgewählt wurden. Auf genau dieses Gebäude fuhr der Konvoi zu.

Richard Langensdorff verließ einen der dunklen Transporter, die neues Personal vom Münchener Bahnhof zum Hauptquartier transportiert hatten. Nach der Schlacht von Budapest hatte er um eine Versetzung in ein Seraphimkorps gebeten, genau so, wie er es sich geschworen hatte. Zu Beginn hatte man ihn langen Ausdauer- und Stressübungen unterzogen, schließlich kostete jeder Seraph ein Vermögen und hatte das Potenzial in Sekundenschnelle ganze Infanterieregimenter zu erledigen. Die militärische Führung musste vollkommen sicher sein, dass ihre Serapheinheiten nur von den besten Piloten gesteuert wurden. Mit seinen 25 Jahren wäre Richard eigentlich etwas zu alt gewesen, um als Anwärter angenommen zu werden. Aber durch einen Aktenfehler ging man anfangs von einem anderen Alter aus und so absolvierte Richard die Grundausbildung zum Pilotenanwärter. Als man bemerkte, dass er zu alt war, wollte man ihn zuerst aus dem Anwärterkorps entlassen. Da sein Potenzial das der anderen aber um Längen schlug, hatte man ihn sofort in einen Zug Richtung München gesetzt. Eigentlich hätte er noch einige weitere Wochen trainieren müssen, die Verantwortlichen argumentierten aber, dass Richard ein Naturtalent wäre und die restlichen Kenntnisse nur im Kampf mit echten Seraphim erlernt werden konnten.

So kam es, dass Richard Minuten später die Gänge des Hauptquartiers entlanglief, während von draußen das sanfte Sonnenlicht eines lauwarmen Wintertags durch die Fenster schien. Seit dem ‚Tag der Abrechnung’ spielten die Jahreszeiten verrückt und daher konnte es passieren, dass es in einem Monat schneite und bereits im nächstem Monat neue Hitzerekorde aufgestellt wurden. Momentan herrschte in Bayern frühlingshaftes Wetter, aber das konnte sich aber schnell wieder ändern. Wegen dieses milden Klimas trug Richard nur verhältnismäßig leichte Kleidung. Er trug eine leichte Uniform, die aus mattschwarzem Stoff bestand. Außerdem trug er noch eine mittelschwere Weste mit Tarnmuster und eine Kadettenmütze. Während er im Trainingslager auf seine Ausbildung vorbereitet worden war, hatte er sich einen kurzen braunen Bart wachsen lassen, den er liebevoll pflegte. Durch sein gepflegtes Aussehen, seiner stolzen Haltung und seiner enormen Ausstrahlung hätte man ihn fast mit einem hochrangigen Offizier verwechseln können. Das Wetter war für Richard zu diesem Zeitpunkt nur nebensächlich, schließlich hatte er den Befehl erhalten sich bei seinem zukünftigen Ausbilder vor dem Hangar SC-27 zu melden. Militärische Befehle hatten für ihn einen höheren Stellenwert als die Philosophie, mit der man das Wetter stundenlang umschreiben könnte.

Zu Richards Glück konnte ihn ein kleines Versorgungsfahrzeug mit zu seinem Treffpunkt nehmen, da er zu Fuß mehr als fünfzehn Minuten dafür gebraucht hätte, selbst wenn er gelaufen wäre. Als er vom Versorgungsfahrzeug abstieg und die letzten Meter auf das große Tor des Hangars zuging, erkannte er, dass auch neunzehn andere Personen, die fast dieselbe Kleidung wie er hatten, dort auf jemanden warteten. Es waren ebenfalls Anwärter, die später einen Seraph steuern wollten. Einige Minuten später, in denen sich die Anwärter ein wenig über Belangloses unterhalten hatten, wurde das Hangartor geöffnet und ein Offizier schritt ihnen aus dem Hangarinneren entgegen, während sich hinter ihm die Konturen von sechs Seraphim der Cherub-Klasse abzeichneten. Er war etwa 1.85m groß, hatte braune Haare und braune Augen. An seiner Uniform befanden sich die Rangzeichen eines Hauptmanns.

Auf einen unausgesprochenen Befehl standen alle zwanzig Anwärter stramm und der Offizier begann mit lauter und diszipliniert klingender Stimme zu sprechen. „Mein Name ist Hauptmann Tobias Müller. Ich werde die nächsten sieben Wochen euere Ausbildung leiten. In Filmen habt ihr vielleicht gesehen, wie Ausbilder ihre Untergebenen angeschrieen und misshandelt haben. Dies wird hier nicht vorkommen! Wir sind eine Familie, helfen uns gegenseitig und wenn einer von euch Mist baut wird die ganze Einheit bestraft. Ich verlange nicht weniger als Perfektion, schließlich wollte ihr einen Seraph steuern.“ Er blickte jeden kurz an, bevor er weiter sprach. „Ich lasse das ganze unnütze Begrüßungsgefasel weg und komme gleich zum Wesentlichen. Wie ihr unschwer erkennen könnt, sind unserer Einheit nur sechs Cherubim zugeteilt. Das bedeutet, dass nur sieben von euch zwanzig am Schluss einen Seraph steuern werden. Der Rest bekommt andere Posten. Vermutlich einen, der Kenntnisse der Seraphim voraussetzt. In euren Trainingslagern habt ihr bewiesen, dass ihr zum Piloten geeignet seid, aber nur die Besten werden es am Ende schaffen das Cockpit eines Cherubs sein Eigen nennen zu können. Ich werde mir ein eigenes Bild von euren Fähigkeiten machen, die Resultate eure Grundausbildung werden nur als Richtlinien gewertet.“ Während er sprach schritt er langsam um die zwanzig Anwärter herum. Nachdem er eine Pause von fünfzehn Sekunden gemacht hatte und sich noch niemand sich gerührt hatte, schlich sich ein schwaches Lächeln auf seine Lippen. „Ich hoffe, dass ihr alle eure Militärakte zu diesem Treffen mitgebracht habt. Wenn nicht, könnt ihr gleich nach Hause gehen, denn Vergesslichkeit, Leichtsinnigkeit oder Ignoranz können im Kampf tödlich sein.“ Nach diesen Worten wendete sich einer der Anwärter wortlos um und schritt in Richtung Hauptgebäude davon, da er seine Unterlagen nicht bei sich hatte. Alle anderen konnten dem Hauptmann ihre Papiere vorlegen, sodass sie ihre erste Prüfung erfolgreich hinter sich bringen konnten. Müller ging von Anwärter zu Anwärter, überflog flüchtig seine Unterlagen und unterhielt sich kurz mit jedem Einzelnen. Als der Hauptmann bei Richard angekommen war, musterte er diesen kritisch. „Sie sind zu alt, um als Anwärter durchzugehen.“ Die anderen Anwärter blickten Richard neugierig an. Hatte der Hauptmann Recht? Und wenn ja, wieso hatte man das nicht schon viel eher bemerkt? Wortlos, da man ihm nicht die Erlaubnis gegeben hatte sich zu äußern, reichte er dem Ausbilder seine Unterlagen. Dieser nahm sie misstrauisch entgegen und überflog die Eintragungen. Nach etwa zwei Minuten hob er verblüfft eine Augenbraue. Dann sprach er mit lauter Stimme, damit in die ganze Einheit hören konnte. „Wie es scheint haben wir hier einen prominenten Gast: Anführer eines Elite-BlackOps-Teams; Tapferkeitsmedaille der ersten Klasse nach der Schlacht von Budapest; Empfehlung des damaligen Vorgesetzten, eines Generals. Außerdem Prüfungsergebnisse, die selbst Elitepiloten nur mit Mühe erreichen können.“ Er musterte Richard ein weiteres Mal, aber diesmal mit offener Feindseligkeit. „Für mich hört sich das alles nach Urkundenfälschung an.“ Ehe der Hauptmann den Sicherheitsdienst rufen konnte oder Richard in den Boden schreien konnte, holte dieser einen versiegelten Umschlag aus seiner Weste und reichte ihn dem Hauptmann. „Man mich instruiert Ihnen diesen Brief auszuhändigen, falls sie an der Echtheit meiner Akte zweifeln.“ Müller nahm den Brief mürrisch entgegen und brach das Wachssiegel auf. Kurze Zeit später wurde er leicht blass um die Nasenspitze. Der Brief enthielt die Empfehlung des amtierenden 3. Seraphgenerals, der das Oberkommando über die dritte Seraphimarmee hatte. Dieser hatte nämlich einem der Simulatorkämpfe Richard Langensdorffs beigewohnt und war, milde gesprochen, fasziniert von seinen Fähigkeiten. In diesem Brief bürdete er mit seinem Namen für Richard, da er dessen Probleme bereits im Vorfeld erahnt hatte. Hauptmann Müller öffnete und schloss seinen Mund mehrmals, bevor er sich wieder gefangen hatte. „Dieses Schreiben garantiert die Echtheit ihrer Dokumente. Wie es scheint sind sie hier doch richtig.“ Da der Hauptmann diese Sätze wieder mit normaler Stimme gesprochen hatte, konnten die anderen Anwärter nicht mitbekommen, wieso Müller plötzlich eingelenkt hatte. Sie vermuteten, dass Richard durch irgendwelche Beziehungen zu seinem Anwärterplatz gekommen war. Deshalb blickten sie ihn finster an und schienen nur auf den richtigen Augenblick zu warten, um ihm ihre Meinung über Vetternwirtschaft mitteilen zu können.

Dieser ‚Meinungsaustausch’ musste aber noch etwa warten, da Hauptmann Müller für den Nachmittag einen Simulatorkampf vorgesehen hatte. Die Person, die am schlechtesten abschneiden würde, konnte sich von der Einheit verabschieden. Fast jeder wollte Richard loswerden, da sie immer noch glaubten, dass er seinen Anwärterplatz nur durch Beziehungen bekommen hatte. Später sollte man erkennen, dass er alles selbst geschafft hatte. Zu Beginn teilte der Hauptmann die Einheit in vier Gruppen, wobei Richards Gruppe nur vier Personen angehörte. Zu Richards Glück waren diese Anwärter entweder auf seiner Seite oder momentan noch neutral, so musste er sie nicht die ganze Zeit beobachten und konnte ihnen vertrauen. Es sollten jeweils zwei Gruppen gegeneinander antreten. Die Schlechtesten der beiden Kämpfe sollten anschließend einen Zweikampf im freien Terrain abhalten.

[Simulatorraum-2]

Richard und die drei anderen Anwärter des zweiten Betateams hatten warten müssen, bis die beiden ersten Teams fertig waren. Es war ihnen verboten gewesen den Kampf mit anzusehen, da alle Anwärter die gleiche Chance bekommen sollten. Da sie also warten mussten, hatten sie sich in nahes Wartezimmer zurückgezogen und sich unterhalten. In diesem Gespräch versuchte Richard die anderen davon zu überzeugen, ihm vorerst zu vertrauen. Nach dem Kampf konnten sie noch einmal überdenken, ob er seinen Anwärterplatz verdient hatte oder nicht. Die einzige Frau in seinem Team, Karin Kaiser, schien ihm von Anfang an vertraut zu haben, da sie hartnäckig mithalf die anderen beiden zu überzeugen, was ihr mit Richards Hilfe dann auch schnell gelang. Vielleicht lag es auch nur daran, dass die beiden blonden Zwillinge, Steffen und Stefan Pieters, Karin gefallen wollten.

Nun befanden sich alle vier Anwärter auf dem Weg zu einem der Cherub-Simulatoren. Die Simulatoren ähnelten in ihrem Aussehen großen, weißen Müllcontainern, aber so sahen Simulatoren bereits seit Jahrzehnten aus. An der rechten Seite war eine Flügeltür angebracht, durch die man den Simulator betreten konnte. In einem Seraph wäre an dieser Stelle eine besonders dicke Panzerungsschicht gewesen, an den Simulatoren gab es aber nur relativ dünne Metallflügel, die den Eingang verdeckten. Der Einstiegsmechanismus war denen in einem echten Seraph detailgetreu nachempfunden. Um in das Cockpit zu gelangen, musste man zuerst die Flügeltür öffnen und sich anschließend mit den Beinen voran in den etwa 1,2m langen Versorgungsgang schwingen. Dahinter war dann das Cockpit, das sich in einer Art metallener Kugel befand. In einem echten Gefecht konnte es durch die Abwärme sehr heiß im Cockpit werden, während des ersten Simulatorkampfes wollte man aber auf die Simulierung dieser Hitze verzichten. Dennoch hatten die Anwärter ihre Kampfmonturen anziehen müssen, schließlich mussten sie sich daran gewöhnen mit ihnen einzusteigen und mit ihnen zu kämpfen.

Diese Kampfmontur wurde ihrem Namen eigentlich nicht gerecht. Sie bestand hauptsächlich aus einem dünnen Overall, der den Torso und die Ansätze der Gliedmaßen hauteng bedeckte. Dieser Overall setzte sich aus Latex und Kunstfasern zusammen und hatte eine weiße Farbe. Am Rücken war ein flacher Tornister angebracht, der bei großer Hitze ein hautfreundliches Kühlmittel in den Overall abgeben konnte. An den Beinen trug man knielange Strümpfe. Darüber waren einige Rüstungsteile angebracht, die ebenfalls bis zu den Knien reichten, unten in Schuhe übergingen und dem Piloten größeren Schutz bieten sollten, falls er den Seraph verlassen musste. Ähnliches gab es an den Armen. Dort wurden Ober- und Unterarm separat geschützt. Zuerst musste man wieder die einzelnen Teile des Overalls anziehen. Danach wurden die Rüstungsteile darüber angebracht. Sämtliche Teile, die zum Schutz dienten waren aus speziellem Kunststoff gefertigt und waren in Schwarz gehalten. Alle Teile waren durch dünne Schläuche mit dem Tornister verbunden, damit das Kühlmittel überall zirkulieren konnte. An den Unterarmen waren die Anzugkontrollen angebracht, die die Kühlmittelversorgung steuerten. Da das Kühlmittel zwischen dem Anzug und dem Körper floss, musste die Montur auf nackter Haut getragen werden, um die höchste Effektivität des Kühlmittels zu erreichen. Für den Kampfeinsatz war dieser Anzug bestimmt nicht zu empfehlen. Während eines Seraphimkampfes aber konnte diese Montur relativ hohe Sicherheit und verhältnismäßig gute Abkühlung bieten.

Nachdem sich die Anwärter, selbstredend in getrennten Räumen, umgezogen hatten, waren sie nach und nach in den Simulatorraum gekommen. In dieser Situation kam es zu einem interessanten Ereignis, das später noch sehr relevant sein sollte. Bisher hatte Richard keinen zweiten Gedanken an seine Montur verschwendet. Man trug sie nun mal auf nackter Haut und sie zeichnete den Körper sehr genau ab, aber das war ihm egal gewesen. Er hatte nicht daran gedacht, dass auch die Frauen solche Monturen tragen würden. Als Karin den Simulatorraum als Letzte betrat, stand sein Mund erst einmal weit offen. Sie trug die gleiche Montur, mal von den geschlechtspezifischen Unterschieden abgesehen. Daher war ihr einundzwanzigjähriger, auffällig gut gebauter Körper genau zu erkennen, vor allem da diese Montur scheinbar ein kleines wenig zu klein zu sein schien. Karin schien mit einer solchen Reaktion gerechnet zu haben, da sie mit hocherhobenem Haupt in den Raum stolziert gekommen war und ihren Körper ausgiebig zur Schau gestellt hatte, als ob sie sagen wollte ‚Das habe ich alles und ihr werdet es bestimmt nicht bekommen’. Als sie sich aber zu Richard umgedreht hatte, machte sie eine ganz andere Geste. Sie stellte sich breitbeinig hin, stemmte die Arme in die Seiten und beugte sich weit nach vorne, wodurch man einen noch besseren Ausblick auf ihren Vorderbau hatte. Bei dieser Aktion fiel ihr schulterlanges Haar nach vorne und rahmte ihr Gesicht dezent ein. Mit leuchtend grünen Augen sah sie Richard an. „Haben sie etwas gesehen, dass ihnen gefallen hat?“ Richards Gehirn begann langsam wieder zu arbeiten. Sofort schalteten sich seine ‚Frauenheld’-Routinen ein. Er stemmte seine Arme ebenfalls in die Seiten und blickte Karin herausfordern in die Augen. „Das gleiche könnte ich sie auch fragen.“ Es herrschte sekundenlange Stille, während sich Richard und Karin musterten und die beiden anderen Männer, es ist vielleicht anzumerken, dass beide achtzehn waren, Karin gedankenverloren ansabberten. Dann brach die Stille und sowohl Richard, als auch Karin mussten lachen. Mit einem kurzen Blick machten beide klar, dass sie ihre Unterhaltung nach der Simulation fortführen würden. Dann begaben sich die vier Anwärter wortlos in ihre Simulatoren. Nachdem alle ihre Checkliste abgearbeitet hatten, wurde die Simulation gestartet.

[Simuliertes Schlachtfeld]

Richard blickte sich in seinem Cockpit um. Die Armaturen sahen genau so aus, wie in den Simulatoren, die er bereits benutzt hatte, daher fand er sich schnell zurecht. Als nächstes musterte er die Umgebung über die fünf Bildschirme, die vor ihm angebracht waren. Der Zentralbildschirm befand sich in der Mitte, an jeder Seite waren zwei weitere Bildschirme angebracht, wodurch er etwas weniger als 180° einsehen konnte. Am unteren Rand jedes Bildschirms wurden technische und strategische Informationen eingeblendet. Wenn er es wollte, konnte einen der Hauptbildschirme so justieren, dass er nur die Informationen anzeigte und nicht die Umgebung. Er überprüfte noch mal alle Kontrollen. Radar, Wärmebildkamera, Funksteuerung, Waffen, etc. Alles war im grünen Bereich. Das Kampffeld war sehr einfach gehalten worden. Er befand sich in einem alten Nadelwald und angrenzender hügliger Ackerlandschaft. Am Horizont ging gerade die Sonne auf. Das Wetter war hervorragend und es gab keine menschlichen Einrichtungen weit und breit. <Gut. In dieser Simulation wollen sie also nur unsere grundlegenden Fähigkeiten testen. Zumindest hat es diesen Anschein. Irgendetwas stimmt hier nicht, aber ich weiß nicht was es ist.> Er ließ seinen Cherub den Kopf drehen. Er konnte seine Teammitglieder alle in der unmittelbaren Umgebung ausmachen. Sie alle steuerten einen Standard-Cherub mit dunkelgrüner Lackierung. Die Bewaffnung setzte sich aus einem Schwert und einer Standard-MG zusammen.

Da sich alle einig waren, dass Richard das Kommando übernehmen sollte, öffnete er eine allgemeine Funkverbindung und gab als Anführer den ersten Lagebericht ab. „Hier Luzifer, alle Systeme grün.“ Danach antworteten die Zwillinge voller Enthusiasmus, Steffen Pieters voran, da er einige Minuten älter war. „Ratte-1 alles klar.“ „Hier Ratte-2, schwere Schäden an der Brustpanzerung, sonst alles grün.“ Karin antwortete mit der ruhigen Stimme eines Profis. „Hier Panther, Energieleistung des Radars bei 25%. Sonst alles klar. – Wie kommt es, dass sie keine Systemausfälle haben, Luzifer.“ Auf diese Frage hatte Richard nur gewartet. Er war ein geborenes Talent, wenn es um Taktik, Analysen und Ähnliches ging. „Nur weil ich bisher keine bemerkt habe, heißt das noch lange nicht, dass ich keine habe. Vermutlich sind meine Waffen defekt.“ Aus dem Funk drang das nachdenkliche Brummen von Ratte-1 an Richards Ohren. „Klingt plausibel. Vermutlich haben wir alle irgendeinen Systemausfall. Wir sollten auf alles vorbereitet sein, oder Luzifer?“ „Lassen wir es erst einmal ruhig angehen. Wir beziehen Stellung auf dem Hügel, bei 549.13.“ Die vier massigen Seraphim setzten sich knirschend in Bewegung. Der Wald war teilweise sehr eng bewachsen, wodurch die Anwärter genötigt waren, einen passenden Weg zu finden. Sie hätten die Bäume auch fällen können, dass wäre aber zu auffällig gewesen und hätte zu viel Zeit in Anspruch genommen. Auf halbem Weg meldete Ratte-1, dass sein rechtes Knie beschädigt war. <Wie ich es vermutet habe. Jeder von uns hat einen anderen Defekt.> Richard öffnete abermals einen Funkkanal, dieses Mal aber einen mehrmals verschlüsselten. „Hier Luzifer, ich ahne, was auf uns zukommt. Wir werden nicht gegen vier Anwärter antreten.“ „Panther. Wie kommen sie darauf?“ Richard musste leicht schmunzeln. Wieso hatte er es nicht schon eher bemerkt? „Luzifer an alle. Jeder von uns hat einen anderen Defekt. Panther ist fast blind. Ratte-1 kann sich nur langsam bewegen. Ratte-2 hat im empfindlichen Torsobereich kaum Panzerung. Ich werde vermutlich defekte Waffen haben. In dieser Simulation müssen wir uns gegenseitig helfen. Alleine würde jeder von uns innerhalb von Sekunden ausgeschaltet werde. Ich vermute stark, dass wir von gemischten simulierten Truppen angegriffen werden. Das hier ist ein Himmelfahrtskommando und man will nur sehen, wie gut wir uns schlagen.“ Das war zuviel für das Ego von Ratte-1. „Die können uns doch nicht einfach so in den Tod laufen lassen. Es ist eine Simulation, okay. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich mich umbringen lasse. - Wie kommen sie überhaupt darauf, Luzifer?“ Und so klärte er sein Team über seine Vermutungen auf. Jeder Seraph hatte einen Defekt, der jeweils ein spezielles Subsystem beeinträchtigte; der Wald war so dicht, dass man ihn nur durch bestimmte Wege durchqueren konnte und so leicht in einen Hinterhalt gelockt werden konnte; sie hatten der ersten Simulation nicht zusehen dürfen. Das machte nur Sinn, wenn hier eine Überraschung auf sie wartete.

Das Beta-Team änderte sofort seine Taktik. Panther sollte Ratte-2 abschirmen, der sich mit zwei MGs ausrüstete. Ratte-1 übernahm ein weiteres MG und gab den beiden Feuerschutz. Luzifer übernahm die Schwerter von Ratte-1 und Ratte-2. Seine eigenen Waffen warf er einfach ab. Außerdem suchten sie sich einen Kampfplatz, der möglichst übersichtlich war und eine ausreichende Entfernung zum Wald bot, damit man sie nicht in die Enge treiben konnte. Da es sich hier um eine Simulation für Anwärter handelte, vermutete Richard, dass das ganze Szenario sehr einfach gehalten wurde. Daher suchte er für sich und sein Team einen Ort, der hinter ihren Seraphim lag. Weil die Seraphim Richtung Westen gedreht waren, erwarteten die Gegner sie dort vermutlich schon. <Es wird Zeit die Zügel selbst in die Hände zu nehmen.> Das Beta-Team schritt in genau die andere Richtung. Zehn Minuten nachdem sich die Cherubim auf einem kahlen Hügel mit der Sonne im Rücken verschanzt hatten, meldeten Richards Wärmebildkameras die Feindkontakte. Zwei Infanterieregimenter mit mobilen Raketenwerfern, drei Odin und fünf Cherubim tauchten aus den Wäldern auf. <Wie ich es mir gedacht hatte. Sie haben im Wald auf uns gewartet. Aber jetzt müssen sie zu uns kommen.> Auf Richards Gesicht breitete sich ein teuflisches Grinsen aus, als er daran denken musste, wie er den Simulator-Operator verwirrt haben muss. Sämtliche feindlichen Einheiten trugen schwarz-gelbe Rüstungen. Es war ein fiktiver Feind, aber Feind blieb Feind und wenn man nicht einmal einen simulierten Gegner besiegen konnte hatte man auf dem wahren Schlachtfeld nichts zu suchen. Richard konnte aus Erfahrung sprechen, schließlich hatte er mehrere Monate ein BlackOps-Team geleiten. Ihre Gegner hatten es zuerst auf Ratte-2 abgesehen, da er die geringste Panzerung besaß. Dieser wurde aber durch Panther und Ratte-1 hervorragend geschützt. Nach drei leer geschossenen Magazinen, die Ratte-2 bestens genutzt hatte, existierte keines der Infanterieregimenter mehr. Seine Beschützer hatten einige Panzerung verloren, aber der Schaden hielt sich in Grenzen. Luzifer hatte bereits zwei Odin ausgeschaltet und trug nun schnell drei erbeutete Artelleriegeschütze Richtung Panther. Der verbliebene Odin und die fünf Cherubim sammelten sich außerhalb ihrer Waffenreichweite. <Diese Simulation läuft mit geringer Gegner-KI. Wenn wir keinen Mist bauen, können wir sogar gewinnen.> „Luzifer an alle. Ich hab hier drei Geschütze. Panther übernimmt eins. Die Zielkoordinaten liefert Ratte-2, der die anderen beiden übernimmt. Ratte-1 wird mit zwei MGs Deckung geben. Euer Primärziel ist Flächenschaden. Wenn der Gegner sich sammelt feuert was das Zeug hergibt. Ich werde sie in Nahkämpfe verwickeln, damit ihr eure Ruhe habt. Also los!“ Wenig später wurde einer der Cherubim durch mehrere Granaten getroffen und vernichtet. Zwei weitere wurden dabei beschädigt. Im selben Moment als der letzte Odin seine Geschütze abfeuern wollte, traf in ein fliegendes Schwert direkt im Cockpit. Richard war gerade in einem Nahkampf mit einem der vorderen Cherubim verwickelt gewesen, hatte sein zweites Schwert aber noch rechtzeitig werfen können, um den Seraph aufzuhalten. Im Kampf verlor er kurz danach den linken Arm, daher brauchte er das zweite Schwert nicht mehr.

Die Zwischenbilanz sah sehr gut aus. Drei verhältnismäßig heile Cherubim gegen zwei unbeschädigte und einen beschädigte Cherubim. Ratte-2 war dem Selbstmordangriff des vierten Cherubim zum Opfer gefallen. Panther und Ratte-1 hatten noch mehr Panzerung verloren und Panther fehlte das rechte Bein. <Wir können immer noch gewinnen.> Nach einigen weiteren Minuten hatte sich Panther verabschiedet. Ratte-1 konnte sich gerade noch so auf den Beinen halten. Aber der Gegner hatte auch viel einstecken müssen. Es waren nur noch zwei mittelschwer beschädigte Cherubim übrig. Die MGs, mit denen sie den meisten Schaden verursacht hatten, waren durch Richard zerstört worden. Jetzt hatte jede Seite zwei Cherubim. Aber nur Ratte-1 besaß noch Artelleriegeschütze. Richard wendete seinen Seraph und steuerte Ratte-1 an. Die gegnerischen Cherubim blieben verwirrt zurück. Scheinbar hatte man sie für diese Situation nicht programmiert. Kurz bevor Ratte-1 sie mit einigen weiteren Salven erlösen konnte, wurden die Bildschirme plötzlich schwarz. Die Simulation war vorzeitig beendet worden. <Sie haben bestimmt nicht damit gerechnet, dass jemand diese Schlacht überlebt.> Richard war mit seinem Erfolg mehr als zufrieden, schließlich war er erst ein Anwärter und doch hatte er ein Himmelfahrtskommando überlebt, fiktiv oder nicht.

[Besprechungsraum]

Gleich nachdem Richard und Steffen die Simulatoren verlassen hatten, begaben sie sich in den benachbarten Besprechungsraum, wo sie von ihren beiden ‚verstorbenen’ Kollegen unter Applaus empfangen wurden. Da Hauptmann Müller ebenfalls anwesend war, musste die Feier leider auf einen späteren Zeitpunkt verlegt werden, schließlich hieß es ‚Erst die Arbeit, dann das Vergnügen’. Ihr Ausbilder bat sie Platz zu nehmen, damit er mit der Missionsauswertung beginnen konnte. Zu allererst erfuhren sie, dass drei Anwärter ihre Einheit verlassen würden. Die zwei Schlechtesten, die beide aus dem ersten Alpha-Team kamen, und ein weiterer Anwärter, der sich durch Bestechung im Vorfeld über diese Übung informiert hatte. Außerdem erfuhren sie, dass sie ihre bisherigen Teameinteilungen beibehalten würden. Richard und seine Gefährten würden als zweites Beta-Team von nun an als Delta-Team bezeichnet werden. Die drei anderen Teams bekamen die Namen Alpha, Beta und Gamma. Nachdem die grundsätzlichen Informationen ausgetauscht waren, konnte sie mit der eigentlichen Auswertung begonnen werden.

„Anwärter Langensdorff, was haben sie sich eigentlich bei ihrem Manöver gedacht? Sie sind massiv von ihren Angriffsparametern abgewichen.“ Der Hauptmann schien Richard mit seinen Blicken durchbohren zu wollen, aber Richard hatte an der Front bereits viel Erfahrung mit solchen Personen gesammelt, daher wusste er, dass die ganze Aufregung nur gespielt war und dieser Blick nur zur Einschüchterung dienen sollte. Richard streckte seinen Rücken und setze sich kerzengerade hin. Er sah seinem Ausbilder fest in die Augen und antwortete ihm gelassen. „Mein Team ist stark vom Angriffsplan abgewichen. Als ich bemerkte, dass wir alle Systemausfälle hatten und der Wald der perfekte Ort für einen Hinterhalt war, habe ich unsere Taktik verändert. Der Feind wollte, dass wir dort angreifen, wo er uns erwartet, während sich die Sonne in seinem Rücken befand. Wir haben den Spieß umgedreht und haben unsererseits einen Hinterhalt gelegt. Ich weiß nicht, wieso sie sich so aufregen. Durch Angriffpläne werden die einzelnen Missionsphasen geplant, aber die Grundvoraussetzungen hatten sich drastisch geändert. Hätten wir nach unseren Befehlen gehandelt, wären wir alle getötet worden, während der Feind nur minimale Verluste hätte hinnehmen müssen.“ Der Zorn war aus Müllers Augen verschwunden und hatte Anerkennung Platz gemacht. Der Hauptmann lehnte sich in seinem Sessel zurück und sah alle Anwesenden kurz an, bevor er wieder zu Richard sprach. Dieses Mal aber mit ruhiger Stimme.„Und wie sind sie auf die Idee gekommen, dass es sich um einen Hinterhalt handelt?“ „Die natürlichen Gegebenheiten waren perfekt für einen Hinterhalt. Natürlich haben mir noch andere Hinweise geholfen, wie etwa die Tatsache, dass es sich nur um eine Simulation handelte. Sie können meine gesamten Beweggründe aus unserem Funkverkehr entnehmen. Wenn sie wissen wollen, woher ich die analytischen Fähigkeiten habe, kann ich ihnen dazu nur folgendes sagen: Ein Teil davon ist angeboren. Den anderen Teil habe ich mir angeeignet, als ich mit meinem BlackOps-Team ‚Raben’ verschiedenste Missionen durchführte. Wir sind häufig in Kontakt mit Ukrainern gekommen, die sehr gerne auf das Überraschungselement aufbauen.“ In den darauf folgenden Minuten sorgte Hauptmann Müller dafür, dass alle Anwesenden in Richard einen verdienten Anwärter sahen und keinen Feind in den eigenen Reihen, schließlich war es an diesem Verdacht Schuld gewesen und er wollte den Befehlshaber der 3. Seraphimarmee nicht als Feind haben. Danach wurde auf die einzelnen Missionsphasen eingegangen. Sobald die Besprechung beendet war, durften sich die Anwärter umziehen gehen. Als sich das Delta-Team auf den Weg zur Umkleide machte, ging Richard noch einmal die wichtigsten Punkte der Besprechung durch.

Das Delta-Team würde von nun an, so wie die anderen Teams auch, separat arbeiten und spezielle Kampftrainings erhalten, damit die einzelnen Stärken besser gefördert werden würden. Die vorläufigen Kampfauswertungen ergaben, dass alle vier Deltamitglieder unter den TOP-5 ihrer Einheit waren. Daher konnte momentan keiner von ihnen hinausgeschmissen werden, selbst wenn sie einen etwas größeren Fehler machten. Die drei anderen Teams wurden so umstrukturiert, dass vier Viererteams entstanden. Karins und Richards Ausbildung würde den Schwerpunkt auf Nahkampf setzen, während sich die beiden Pieters auf den Cherubim-Fernkampf spezialisieren wollten. Richard würde in der nächsten Zeit viel mit Karin trainieren, da sie beide fast die gleichen Trainingspläne erhalten hatten. Es gab nur den Unterschied, dass Karin noch an ihrer Schwerttechnik arbeiten sollte, wobei Richard ihr gerne helfen würde, schließlich hatte der Schwertkampf in seiner Familie seit Generationen Tradition. <Ich hätte nicht dagegen, wenn ich längere Zeit mit ihr alleine sein würde.> Auf Richards Gesicht machte sich ein zufriedenes Lächeln breit. Da er so in seine Gedanken versunken war, wäre er beinahe in die Umkleide der Frauen gegangen. Einzig und allein der todesmutige Eingriff Stefans war es zu verdanken, dass Richard dem Schuh ausweichen konnte, der auf seinen Kopf abgezielt hatte. Während die Männer sich umzogen, erzählte Karin, deren Umkleide nur durch eine dünne Trennwand abgetrennt war, ihnen mit einer nicht zu verachtenden Lautstärke ihre Meinung über ‚Neugierige Männer’ (1). <Scheint ja eine richtige Wildkatze zu sein. Wie es scheint ist ihr Codename gezielt gewählt. Das wird bestimmt noch interessant.>

[Drei Woche später –München]

Nach der ersten Simulation hatten sich die einzelnen Mitglieder auf ihre persönliche Ausbildung konzentrieren müssen. Die Grundausbildung machte das Delta-Team zusammen. Kenntnisse der verschiedenen Seraphim, Steuern eines Cherubim, Taktik und Logistik. Die restliche Ausbildung ging teilweise weit auseinander. Die Gebrüder Pieters hatten exakt den gleichen Lehrplan, daher arbeiteten sie zusammen. Zu Richards Freude bildeten er und Karin auch ein Team. Richards Ausbildung war speziell auf ihn zugeschnitten worden, da er außergewöhnliche Fähigkeiten den Tag legte. Sein Training konnte sich mit dem von fortgeschrittenen Piloten locker messen. Der Schwerpunkt lag dabei auf Taktik, weil ihm das Steuern scheinbar im Blut lag. Wenn man ihm etwas einmal zeigte, konnte er es danach auch. So kam es, dass er seinen Seraph bereits hervorragend beherrschte und viel mehr Freizeit hatte, als die anderen Anwärter. Diese nutzte er aber meistens voll aus. Entweder um sich selbst Zusatztrainings aufzugeben oder um Karin zu helfen. Er gab ihr Tipps zum Steuern ihres Seraph und unterrichtete sie im Schwertkampf. Als Gegenleistung hatte er nichts erwartet. Doch Karin hatte ihm eines Tages ein großartiges Geschenk gemacht. Ein gemeinsames Essen in einem Münchener Restaurant. Im ersten Augenblick war Richard geschockt gewesen, hatte sich aber schnell wieder gefangen und dankend angenommen. Er nahm aber nur unter Bedingung an, dass er bezahlen würde, schließlich hatte man ihn zu einem Gentleman erzogen, auch wenn man dies zeitweise überhaupt nicht bemerkte. Am Schluss einigte man sich darauf, dass Karin das Essen und Richard die Getränke bezahlen würde. In den Stunden nach Karins Vorschlag ließ Richard die letzten Wochen noch einmal Revue passieren, um herauszufinden, ob dieses Essen vielleicht etwas Besonderes bedeuten konnte.

Während der Wochen des Trainings hatten sie sich langsam besser kennen gelernt. Durch einen Zufall bekam er mit, dass im Stützpunkt bereits darauf gewettet wurde, wann der Erste eine Affäre mit Karin beginnen würde. Richard konnte dies nicht ausstehen und hatte deshalb schon öfters mit ‚schlagkräftigen Argumenten’ einige übereifrige Anwärter überzeugen müssen, Karin in Ruhe zu lassen. Diese Argumente waren immer sehr überzeugend, vor allem wenn man daran dachte, dass sie ein wahrer Muskelberg aussprach. Karin und Richard waren Kommilitonen. Sie waren sogar zu Freunden geworden. Deshalb wollte er nicht, dass sie wie ein Spielzeug behandelt wurde. Die beiden Pieters schauten ihr zwar immer noch gerne hinterher, sahen sie aber nur als Kameradin an. Wenn Richard so überlegte, hätte er eigentlich nichts dagegen Karin etwas näher zu kommen. Aber sicherlich nicht, um die Wette zu gewinnen. Er war mehr an ihrem Charakter interessiert als an ihrem Körper. Auch wenn man bedachte, dass sie einen wirklich wunderschönen Körper hatte. In Sachen Beziehungen zu anderen Anwärtern hatte sich Karin bisher dezent zurückgehalten. Soweit er wusste, hatte sie sich schon einige Male mit anderen verabredet, aber nie zu zweit. Vielleicht war das ein gutes Zeichen.

Es war kurz nach einundzwanzig Uhr und draußen war es bereits dunkel. Richard und Karin saßen in einem gemütlich eingerichteten deutschen Restaurant. Wegen der preußischen Einrichtung fühlte sich Richard fast wie zu Hause, schließlich hatte er fast sein ganzes Leben in Westpreußen verbracht. Er kam überhaupt nicht auf die Idee sich zu fragen, ob es nur ein Zufall war oder ob Karin dieses Restaurant gezielt ausgesucht hatte, da er zu sehr damit beschäftigt war Karin zu bestaunen. Sie sah einfach wundervoll aus. Sie trug ein schlichtes türkises Kleid, das ihre Figur untermalte. Außerdem hatte sie ihre schwarzen Haare hochgesteckt und ein wenig Make-up aufgelegt. An ihren Ohren funkelten kleine goldene Ohrringe. Er selbst hatte einen mittelmäßigen Anzug an. Er hatte sich geweigert mit normalen Sachen hierher zu kommen, als er von Karins bester Freundin auf dem Stützpunkt erfuhr, dass sie sich bereits ein Kleid ausgesucht hatte, das sie bei ihrer Verabredung tragen wollte. Der Anzug war in Grau gehalten und konnte Richards Muskeln nicht ganz verstecken. Karin gefiel seine Kleidung, da beide etwa im gleichen Stil gekleidet waren. Den Hauptgang hatten sie bereits hinter sich und nun warteten sie nur noch auf das Dessert. Karin musste wieder einmal schmunzeln, als einer der Kellner übervorsichtig an ihnen vorbeiging. Diese Vorsicht kam daher, weil ein anderer Kellner vor einiger Zeit aus Versehen etwas auf Richards Hose hatte tropfen lassen. Dieser war verärgert aufgestanden, was für den Kellner bedeutete, dass vor ihm ein ungehaltener 1,95m großer Mann mit einer Vielzahl von durchtrainierten Muskeln stand. Nachdem sich der Kellner schnell entschuldigt hatte und Richard seine Hose wieder gesäubert hatte, konnte man die Lage als wieder normalisiert bezeichnen. Aber dennoch waren die Angestellten von diesem Zeitpunkt an sehr vorsichtig mit ihm umgegangen. Karin sah Richard neckisch an. „Wie es scheint, hat dieses Restaurant soeben vor Anwärter Richard Langensdorff bedingungslos kapituliert.“ Gerade als Richard fragen wollte, wie sie auf diese Idee kam, stellte der Filialleiter zwei große Fruchteisbecher vor ihnen ab und erklärte, dass dies die Entschädigung für das Missgeschick von vorhin sein sollte. Karin nahm dankend an und blickte ihren Eisbecher fast ehrfürchtig an. „Fast zu schade zum Essen…“ In ihrem Kopf schien sie die Möglichkeiten abzuwägen. Stehen lassen oder essen?! „…,aber nur fast.“ Während die beiden ihre Eisbecher aufaßen unterhielten sie sich über alle möglichen Dinge. Während der ganzen Zeit beobachtete Richard sie eingehend. Wie sie immer die Augen genüsslich schloss, wenn sie eine Erdbeere erwischt hatte. Wie ihre Ohrringe im Kerzenlicht glitzerten und ihr hochgestecktes Haar fast wie eine Krone anmutete. Dennoch fiel ihm auf, dass sie mit jeder Minute unruhiger wurde. <Was hat sie denn? Mache ich irgendetwas falsch?> Als die Becher leer waren und sie nur noch ihre Drinks austrinken mussten, wechselte Karin plötzlich das Thema. Sie sah Richard neugierig an und klimperte verführerisch mit ihren Wimpern. „Könntest du mir vielleicht etwas Privates von dir erzählen? Mich würde vor allem interessieren, was du so in letzter Zeit machst und denkst. Bist du mit unserer Partnerschaft zufrieden?“ <Herrgott im Himmel!!! Habe ich gerade richtig verstanden? Entweder sie ihr eigentliches Ziel um mehrere Kilometer verfehlt oder sie will wissen, was ich über sie denke.> Innerlich war Richard völlig verwirrt. Nach außen zeigte er sein ruhiges Selbst. <Wenn ich alles richtig interpretiere, möchte ist sie an mir interessiert. Aber vielleicht ist es auch einfach nur zielloses weibliches Flirten. Aber ich glaube, ich werde darauf eingehen. Das Schlimmste, was mir passieren kann, ist, dass ich mich bis auf die Knochen blamiere. Aber Preis ist einfach zu groß, falls ich richtig liege. Ich muss es einfach riskieren. Dennoch werde ich es nicht zu einfach machen.> Richard setzte ein verwirrtes Gesicht auf und tat so, als ob er kurz nachdenken müsste. „Was ich in letzter Zeit mache, müsstest du doch am besten wissen. Ich trainiere dafür ein Pilot zu werden. Nachdenken tu ich darüber, wieso ein normaler Mensch wie Stefan so extrem laut schnarchen kann. Das könnte man fast schon als akustische Kriegsführung betrachten. Und mit unserer Partnerschaft bin ich sehr zufrieden. Endlich kann ich wieder mit einem Partner trainieren.“ Karin sah ihn verdutzt an. Sie hatte eine ganz andere Reaktion erwartet. <Hab ich dich. Wenn du etwas von mir willst, solltest du mich auch danach fragen.> Karin fing sich schnell wieder. Nach kurzem Überlegen erschien langsam eine gespielt verärgerte Miene auf ihrem Gesicht. „Du spielst mit mir! Du weißt ganz genau, was ich meine!“ Jetzt spielte Richard wahrhaftig den Unschuldsengel. „Was meinst du? Ich habe deine Fragen doch alle wahrheitsgemäß beantwortet.“ Danach sahen sich die beiden fast zwei Minuten lang tief in die Augen. Dann seufzte sie und senkte ihren Kopf. „Ich gebe mich geschlagen. Ich habe damit gerechnet, dass du mir einen Schritt voraus bist, aber du hast mindestens mehrere Meter Vorsprung.“ Auf Richards Gesicht erschien ein schelmisches Grinsen. „Ein Vorschlag zur Güte. Lassen wir die Codierung weg und sprechen Klartext.“ Karin willigte sofort ein. Dann holte sie tief Luft und sprach möglichst schnell, damit sie ihren Mut nicht mitten im Satz verlor. „Du willst die Wahrheit hören? Dann sollst du sie auch bekommen. Ich habe bemerkt, wie du mich bei den anderen Anwärtern verteidigst, außerdem weiß ich schon lange von dieser Wette. Glaub mir, bevor ich mit einem dieser Vollzeitidioten ins Bett steige wird die Sonne grün werden. Ich finde dich, nun … sympathisch. Jetzt kann ich noch nicht sagen, was daraus werden kann, aber ich möchte dir näher kommen. Natürlich nur, wenn du es auch möchtest.“ Sie senkte ihren Kopf scheu und ihre Wangen erröteten leicht (2). Jetzt war es an Richard die Zügel in die Hand zu nehmen. „Es würde mich sehr freuen, wenn wir uns näher kommen würden. Ich habe dich von Anfang an gemocht und ich möchte dir versichern, dass ich es mit dir ernst meine. Aber ich setze zwei Voraussetzungen. Erstens: Hör auf so zu gucken. Dieser scheue Ausdruck passt irgendwie nicht zu dir. Wo ist die Karin Kaiser, die jeden in Grund und Boden schreit, wenn man sie stört? Wo ist die immer selbstbewusste Anwärterin, die jeden anderen schlagen will?“ Daraufhin errötete Karin nur noch mehr, als sie fast flüsternd antwortete. „Ich glaube, diese Karin macht gerade Urlaub. Du musst bis auf weiteres mit mir Vorlieb nehmen.“ Danach hob sie ihren Blick, um Richard wieder in die Augen zu sehen. Ihr Blick spiegelte Neugier wieder. „Was ist die andere Voraussetzung?“ Ihr Gegenüber grinste sie schelmisch an. „Lass mein Trommelfell die nächsten Wochen überleben.“ Sofort machte Karin ein beleidigtes Gesicht und versuchte Richard mit ihrer Willenskraft an der erstbesten Wand festzunageln. Dieser stand aber unberührt von seinem Stuhl auf und antwortete mit seiner galantesten Stimme, während er sich vor ihr verbeugte. „Wie es scheint, hat Karin ihren Urlaub vorzeitig abgebrochen. Dürfte ich sie nun zum Wagen geleiten?“ Als Antwort bekam er ein wunderschönes Lächeln seitens Karin. „Natürlich darfst du. Aber glaub mir eins: Du wirst die andere Karin vermissen.“ Er erhob sich wieder und bot Karin seinen Arm an. „Ich will die echte Karin und niemanden anders. Wenn ich mir dafür ein Hörgerät kaufen muss, werde ich es halt tun.“ Zuerst wollte Karin wieder aggressiv reagieren, dann überlegte sie es sich doch noch anders. Die beiden verließen Arm in Arm das Restaurant. Am Ausgang bezahlte Richard schnell mit seiner EC-Karte die Rechnung. In der ganzen Hektik hatte Karin nämlich vergessen, dass sie eigentlich bezahlen wollte und so konnte er das Essen doch noch bezahlen. Als sie das bemerkte, war es bereits zu spät. „Ich werde schon einen Weg finden, um meine Schulden bei dir abzubezahlen.“ Nach diesen Worten näherte sie sich Richard noch etwas mehr an. Sie lehnte ihren Kopf gegen seine Seite, während sie zu ihrem Wagen gingen, den man ihnen im Stützpunkt zur Verfügung gestellt hatte. Dort angekommen mussten sie sich wieder trennen. Kurz bevor Richard Karin in den Wagen helfen konnte, begann diese mit verführerischer Stimme zu sprechen. „Für heute stehen keine weiteren Trainingseinheiten mehr an. Wir könnten unsere Freizeit doch zusammen verbringen und sehen, was sich ergibt. Schließlich muss man irgendwo anfangen, oder?“ Danach näherte sie sich Richard wieder, diese Mal von vorne. Sie legte ihre Hände auf seine Brust und lehnte sich gegen ihn. In ihren Augen konnte Richard erkennen, was sie ihm sagen wollte. ‚Wenn du nicht anfangen willst, mache ich halt den Anfang. Den Rest musst du aber machen, sonst stehen wir noch bis morgen hier.’ Er lächelte sie sanft an und umfasste mit seinen Händen ihre Oberarme.
Sie blickten sich beide tief in die Augen und in dieser Sekunde waren all die Kriege, die momentan auf der Erde wüteten, vergessen. Es war ein wahrhaft perfekter Moment. Langsam näherte sich Karins Gesicht dem von Richard an. Dieser beugte sich etwas nach vorne, da er um etliche Zentimeter größer war als Karin und er es ihr nicht schwieriger als unbedingt nötig machen wollte. Karin stellte sich auf die Zehenspitzen. Dann berührten sich ihre Lippen zum ersten scheuen Kuss. Und wieder war es für beide ein perfekter Augenblick. Alles andere war vergessen. Das Gestern, das Heute, das Morgen. In diesem Moment existierten nur die beiden, nichts anderes. Während die Sekunden verstrichen und der Kuss immer noch andauerte, drückte sich Karin fester gegen Richard, der wiederum die Umarmung verstärkte. Als sich die beiden nach einer scheinbaren Ewigkeit wieder trennten, hatten sich Karins Wangen gerötet, sie hatte ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen und sie seufzte sanft. Bevor sie auch nur daran denken konnte sich Richard wieder zu nähern, zog dieser sie bereits zu sich. Sie umarmten sich gegenseitig, während Karins Kopf auf seiner Brust ruhte. Sie hatte ihre Augen halb geschlossen und gab sich größte Mühe diesen Augenblick in ihr Gedächtnis einzubrennen, weil sie nicht die kleinste Einzelheit daran vergessen wollte. Sie sprach so leise, dass nur er sie hören konnte. „Es war noch viel schöner, als ich es mir erträumt hatte.“ Nun strich Richard ihr sanft über den Rücken. In diesem Moment brauchten sie keine Worte mehr. Sie wussten beide, was der andere sagen wollte. So blieben sie mehrere Minuten in dieser innigen Umarmung. Dann lösten sie sich langsam voneinander, um wieder zum Stützpunkt zurückzufahren. Nicht ohne, dass Karin Richard noch einen flüchtigen Kuss auf die Wange hauchte. „Du hast doch heute hoffentlich nicht doch noch etwas anderes vor?“ Als Antwort wurde ihr ein sanftes Lächeln geschenkt. „Selbst wenn ich die Welt retten müsste, würde ich diesen Termin verschieben, um mit dir zusammen zu sein.“ Danach machten sie sich auf den Rückweg.

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= Januar 2003 Hauptquartier der dritten Seraphimarmee =
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Alle verbliebenen sechzehn Anwärter hatten sich vor dem Hauptsimulatorraum versammelt. Sie hatten sich in einer Reihe aufgestellt und warteten in ihren Kampfmonturen stramm darauf, dass ihr Ausbilder zu sprechen begann. Dieser blickte ihnen allen streng in die Augen. In dieser Einheit gab es sehr viel Potenzial. Natürlich gab es immer schwarze Schafe, aber der Großteil besaß enormes Können. Der Hauptmann schritt vor der Reihe auf und ab, während er seine Abschlussansprache hielt. „In den letzten Wochen habt ihr gezeigt, was in euch steckt. Ihr seid zu einer Familie geworden. Ihr habt zusammen gefeiert und zusammen gelitten. Ihr habt euch gegenseitig geholfen und alle Prüfungen bestanden. Aber jetzt ist der Moment gekommen, an dem die Spreu vom Weizen getrennt wird. Ihr könnt keine Rücksicht mehr auf die anderen nehmen. Jetzt ist jeder von euch auf sich alleine gestellt! Nur sieben von euch werden schlussendlich einen Cherubim steuern. In dem nun folgenden Simulatorkampf werdet ihr alle gegeneinander kämpfen, außerdem werden sich auf dem Schlachtfeld unzählige simulierte Gegner befinden, die euch das Leben zur Hölle machen werden. Die letzten Sieben werden die Cherubim bekommen. Auch wenn ich nicht glaube, dass ihr euch verstecken werdet, muss ich euch auf folgendes aufmerksam machen: Wenn sich einer von euch versucht, sich zu verstecken und sich so durch diesen Kampf zu mogeln, wird er sofort disqualifiziert. Alle Einheiten werden die gleichen Voraussetzungen haben. Mögen die besten gewinnen.“ Nach den letzten Worten machten sich die Piloten zu ihren Simulatoren auf. Das würde die letzte Feuerprobe sein. Die Simulatoren waren auf dem maximalen Level. Hitze, Erschütterungen, Systemausfälle und Gegner-KI würden so realistisch simuliert werden, wie irgendwie möglich. Als alle in ihren Simulatoren verschwunden waren, musste Müller kurz lächeln. <Ich bin mir ganz sicher, dass ich weiß, was gleich passieren wird.>

[Simuliertes Schlachtfeld]

Richard blickte sich schnell um. Um ihn herum konnte er die zerstörten Ruinen einer Stadt erkennen. Das halbzerstörte Brandenburger Tor zeigte ihm, dass dies Berlin sein musste. Überall stiegen schwarze Rauchschwaden auf. Die Straßen waren von Seraphim-Wracks und zerfetzten Leichen gesäumt. Aus dem Hintergrund konnte man schwere Explosionen und Alarmsirenen hören. Die schweren Wolken, die die Sonne verdeckten, sorgten dafür, dass dieses schlimmste aller Szenarios nur noch düsterer erschien. Wenn der Feind bis hier kommen würde, wäre Deutschland verloren. Das durfte auf keinen Fall geschehen! Wut sammelte sich in Richard. Ob Simulation oder nicht, er konnte nicht zulassen, dass die deutsche Hauptstadt dem Feind in die Hände fiel. Kurz bevor seine Wut die Oberhand gewinnen konnte, beruhigte er sich wieder. <Emotionen haben im Kampf nichts zu suchen. Sie lenken einen nur ab. Zorn vernebelt die Sinne. Ich muss ruhig bleiben.> Er überprüfte schnell seinen Status. Alle Systeme grün. Sein grau lackierter Cherub war schwer gepanzert und besaß zwei Schwerter, zwei verbesserte MGs und ein halbes dutzend Granaten. Nach der Bestandsaufnahme hatte sich Richard wieder einigermaßen gesammelt. Über seine Lippen huschte ein leichtes Lächeln, als er sein Radar studierte und sein Funkgerät modifizierte. Danach setzte er sich in Bewegung. Sein Cherub lief mit Höchstgeschwindigkeit auf seinen Zielpunkt zu. Die Umgebung erbebte dabei und mehrere halbzerstörte Häuser fielen komplett in sich zusammen. Einige hundert Meter vor Richard tauchte plötzlich ein blauer Odin der englischen Armee auf. Richard verzichtete darauf Deckung zu suchen. Er wusste, dass der Odin mindestens sechs Sekunden brauchen würde, um sein Ziel anvisieren zu können. Auch um seine Position durchgeben zu können würde er einige Sekunden und etwas von seiner Aufmerksamkeit aufbringen müssen. Er holte keine seiner Waffen hervor. Er lief einfach auf den Gegner zu. Dieser zielte auf ihn. Aber Richard war bereits so nahe, dass er sich außerhalb der minimalen Schussweite befand. Dem gegnerischen Piloten blieb nicht mehr genug Zeit, um eine andere Waffe zu ziehen. Richard war bei ihm angekommen und rahmte die rechte Faust in das Cockpit. <Einer weniger.> Er griff sich eins der Artilleriegeschütze und lief weiter, das Geschütz immer nach vorne ausgerichtet. Zwei weitere Male bogen gegnerische Seraphim um diverse Ecken, aber Richard konnte sie mit Hilfe des Geschützes alle in Sekundenbruchteilen ausschalten. Als er an seinem Zielpunkt angekommen war, sah er, wie sich mehrere Cherubim mit Maschinengewehren beschossen. Drei Graue gegen fünf Blaue. „Runter!“ Die Grauen reagierten sofort, als sie sich zur Seite fallen ließen. Augenblicke später flogen mehrere schwere Artilleriegranaten über sie hinweg und zwei Blaue wurden zerstört. Gleich danach richteten sich die Grauen wieder auf und stürmten mit Schwertern bewaffnet auf ihre Gegner zu. Die Rauchschwaden würden verhindern, dass der Gegner gezielte Treffer landen konnte. Der perfekte Augenblick, um in den Nahkampf überzugehen.

Drei Minuten später war alles vorbei und die Grauen hatten gesiegt. Alle drei Graue richteten ihre Waffen gegen Richard. Dann knackte sein Funkgerät. „Hier Panther. Die wären wir los. Was jetzt? Wollen wir uns gegenseitig bekämpfen?“ „Ratte-1. Nur über meine Leiche! Wir arbeiten zusammen. Sollen sich die anderen doch gegenseitig niedermachen, aber ohne uns.“ Nun gab auch Richard seinen Kommentar ab. „Wir haben wochenlang zusammen trainiert und sind zu einer eingespielten Einheit geworden. Es wäre dumm von uns, wenn wir einzeln kämpfen würden. Wir bleiben bis zum Ende eine Einheit. Ich sehe keinen Grund gegen euch zu kämpfen, außerdem wärt ihr keine Gegner für mich.“ Durch das Funkgerät war Lachen zu hören. „Ratte-2 hier. Freunde bleiben nun mal Freunde. Und jetzt machen wir die anderen platt.“ Man konnte vier Stimmen die Parole des Delta-Teams sprechen hören. „Luzifers Söhne. Widerstand ist zwecklos!“ Danach wurden die Waffen gesenkt und Luzifers Söhne, so nannten sie sich bereits seit einigen Wochen, begannen ihre nächsten Opfer zu suchen.

Im Kontrollzentrum musste Hauptmann Müller lächeln. Einer der zehn Operatoren überreichte ihm soeben ein dickes Bündel Geld. „Ich hätte schwören können, dass sie sich gegenseitig angreifen.“ Müller packte das Geld weg und sprach mit stolzer Stimme. „Nicht bei diesem Anführer. Ich bin sicher, dass wir den Namen Richard Langensdorff noch häufig hören werden. Er hat eine Einheit aufgebaut, die die wichtigste Regel der Kriegsführung bereits verstanden hat. Alleine ist man verloren. Nur im Team kann man siegen.“

Während sich die beiden Personen unterhalten hatten, waren drei Infanterieregimenter durch gezielte Granatwürfe vernichtet worden. Ihr Cherubim-Begleitschutz lag wenige Minuten später zerstört auf den Berliner Straßen. In den Kämpfen hatten alle vier Einheiten des Delta-Teams Panzerung verloren, aber bisher war es zu keinen kritischen Systemausfällen gekommen. Einzig und alleine einige Waffen waren zu Bruch gegangen und diverse Sekundärsysteme waren beschädigt. Hauptsächlich war diese milde Schadensbilanz ihrem Teamwork zu verdanken. Ratte-1 und Ratte-2 sorgten mit ihren MGs für Rückendeckung, während Panther und Luzifer die Gegner in Nahkämpfe verwickelten. Durch Richards Unterricht war aus Karin in den letzten Wochen eine exzellente Schwertkämpferin geworden, sodass sie ihn tatkräftig unterstützen konnte. „Hier Ratte-2. Bisher war es einfach, aber nur, weil wir die Gegner immer überraschen konnten. Wenn wir gewinnen wollen, sollten wir langsam aber sicher einen der anderen Anwärter besiegen.“ „Hier Panther. Schade, dass wir nicht wissen, wie viele von ihnen noch leben.“ Karins Sensoren meldeten Feindkontakte ganz in der Nähe. „Panther noch mal. Meine Wärmebildkameras registrieren Granatexplosionen auf 3546.11.“ Die vier Cherubim machten sich sofort auf den Weg, schließlich wussten alle, dass nur die sechzehn Anwärter über Granaten verfügten. Daher war es nur logisch anzunehmen, dass sich bei den genannten Koordinaten einer oder mehrere Anwärter aufhielten. Als sie sich einige Minuten später vorsichtig den Koordinaten näherten, konnten sie nur noch die verbrannten Überreste von zwei grauen Cherubim entdecken. „Hier Luzifer. Wie es scheint, hat es bei diesem Team einige Meinungsverschiedenheiten gegeben. Das werden wir ihnen aber nicht nachmachen. – Moment. Ich bekomme gerade neue Informationen herein. Wir machen uns auf den Weg zum Radioturm. Dort soll es mehrere leistungsstarke Radarsysteme geben. Damit könnten wir eine bessere Übersicht über die momentane Lage bekommen. Los geht’s.“ Gesagt getan. Kurz bevor sie den Platz vor dem Radioturm erreicht hätten, blieben die vier Cherubim auf einer Anhöhe stehen, schließlich war der Platz vor dem Radioturm der perfekte Ort für einen Hinterhalt. Karin öffnete eine verschlüsselte Funkverbindung. „Panther. Wir hatten Recht. Ich kann die Wracks von mindestens drei grauen Cherubim ausmachen. Vermutlich haben sich die restlichen Anwärter zusammengetan. Wenn sie die Radarsysteme bereits angezapft haben, können sie uns in einen Hinterhalt locken.“ Richard fühlte sich in seinem Element. „Luzifer hier. Gehen wir davon aus, dass wir gegen sieben Cherubim antreten werden. Bewaffnung unbekannt. Sie können uns höchstwahrscheinlich überwachen. Also was werden wir machen? Wir zwingen sie dazu uns als erste anzugreifen. Unser Primärziel ist es vier Gegner auszuschalten. Danach wird die Simulation beendet und wir bekommen alle einen echten Cherubim. Also der Primärbefehl lautet: Gestorben wird später.“ Der Plan klang einfach, aber wie wollte Richard es schaffen, dass ihre Gegner ihren immensen Vorteil einfach so aufgaben? Er erklärte es seinen Teammitgliedern schnell, die sich bereits darauf freuten, diesen Plan ausführen zu können.

Auch Hauptmann Müller, der den gesamten Funkverkehr mithören konnte, war von Richards Plan überrascht. <Auf so etwas wäre ich nie gekommen. Langensdorff wird es noch zu viel bringen.>

Richards Plan sah vor ihre Gegner in einen Hinterhalt zu locken. Für diesen Zweck positionierte er Ratte-1 und Ratte-2 auf einer gut zu verteidigenden Anhöhe östlich des Radioturms. Ihre Bewaffnung setzte sich aus all ihren verbliebenen Granaten und sechs erbeuteten Artilleriegeschützen zusammen. Ihre Mitanwärter, die sie über Funk nur Baal 01-07 (3) nannten, konnten ihre Manöver zwar mitverfolgen, wussten aber nicht, was sie vorhatten. Als nächstes griff Richard zusammen mit Karin zwei alleine patrouillierenden Cherubim an. Während des Kampfes setzte Karin einen verstümmelten Funkspruch ab, den ihre Gegner abhören sollten. „…Feindkontakt… Rückzug… Radioturm… .“ Da die KI der simulierten Feinde auf das Maximum eingestellt war, interpretierten die feindlichen Cherubim die Nachricht so, dass sich am Radioturm mehrere Feinde befanden. Diese Information sendeten sie sofort an die britischen Verbände. Nur Augenblicke nachdem die entsprechende Information gesendet war, wurden die beiden blauen Cherubim besiegt. „Phase eins abgeschlossen. Beginne mit Phase zwei.“ Wenige Minuten später bewegten sich dreißig simulierte Feind-Seraphim auf den Radioturm zu. Die sieben Baals, die sich dort verschanzt hatten, bemerkten dies schnell. Ihnen wurde nur ein einziger Fluchtweg gelassen, da sich die Britten von drei Seiten näherten. Dies hatte Richard erreicht, indem er über Funk gemeldet hatte, dass das gesamte Areal östlich vom Radioturm vermint sei und er dadurch bereits einen seiner Kameraden verloren hatte. Die simulierten Britten nahmen diese Nachricht zum Anlass, ihre Gegner in dieses Minenfeld treiben zu wollen. Nur, dass dieses Minenfeld nicht existierte. Dafür wartete das Delta-Team östlich vom Radioturm auf die Baals, damit sie ihnen gehörig die Leviten lesen konnten. Ihre Mitanwärter saßen in der Klemme. Durch die Radarüberwachung wussten sie um Richards Hinterhalt, aber sie konnten nirgendwo anders hin, da die britischen Seraphim sie umzingelt hatten. Jetzt konnten sie nur noch durch die Mitte und hoffen, dass sie den Hinterhalt überstehen konnten.

Wenige Minuten später. „Hier Ratte-1. Die Baals kommen. Sie werden in wenigen Sekunden in Waffenreichweite sein.“ Das klang schon mal viel versprechend, aber die Söhne Luzifers wollten kein Risiko eingehen. „Hier Panther. Könnt ihr etwas von ihrer Bewaffnung erkennen?“ Augenblicke später drangen mehrere Flüche durch das Funkgerät. „Ratte-2. Die scheinen irgendwo eine mobile Haubitze gefunden zu haben. Damit könnten sie uns die Hölle heiß machen.“ Gleich darauf begann die genannte Haubitze zu schießen. Die superschweren Granaten schlugen aber weit entfernt ein. „Luzifer. Ruhig bleiben. Sie glauben, dass wir uns auf dem anderen Hügel befinden. Zum Glück haben wir unsere Positionen schnell verlassen, nachdem sie die Radarsysteme nicht mehr anzapfen konnten.“ Pech gehabt. Nun stand es wieder Unentschieden. Luzifer hatte das Überraschungsmoment weiterhin auf seiner Seite, während Baal über die größere Feuerkraft verfügte. „Luzifer an alle. Wir gehen weiterhin nach Plan vor. Haltet euch für Phase drei bereit.“ Vermutlich fragt man sich jetzt, was mit der zweiten Phase geschehen ist. Die lief gerade an: In einem halbverfallenen Lagerhaus, das nahe der Baals lag, explodierten zehn Granaten gleichzeitig. Richard hatte vorausgesehen, dass sich ihr Feind vermutlich an diesem Ort verbarrikadieren würde, was er schlussendlich auch tat, und hatte dort deshalb die Granaten deponiert. Die eingebauten Zeitzünder der Granaten besorgten den Rest. Die Detonationen beschädigten zwei Baals schwer, vier weitere leicht. Außerdem bohrte sich ein Splitter in das Kanonenrohr der Haubitze. Als der Kanonier sie Sekunden später wieder abfeuern wollte, jagte er sich und die Haubitze in die Luft. Bevor sich die sechs verbliebenen Baals überhaupt realisieren konnten, was geschah, hatten sie bereits ihre Geheimwaffe und einen der Ihren verloren. Außerdem war das Gebäude, hinter dem sie Deckung gesucht hatten, soeben durch multiple Detonationen zum Einsturz gebracht worden, wodurch sie potenziellem Feindfeuer schutzlos ausgeliefert waren. Dieses setzte auch Augenblicke später ein und beschädigte die Baals noch zusätzlich. Danach kamen die restlichen Granaten im hohen Bogen angeflogen und die beiden Pieters-Brüder eröffneten mit ihren erbeuteten Artilleriegeschützen das Feuer. Zwei weitere Gegner wurden so aufgerieben. Richard wollte gerade den Startbefehl der vierten Phase geben, der die Vernichtung der restlichen Gegner zum Ziel hatte, als die Baals das Feuer eröffneten. Aber nicht auf die Söhne Luzifers, sondern auf ihre Teamkameraden. „Hier Ratte-2. Was geht da vor? Was in Gottes Namen machen die da?“ Karin konnte sich nicht mehr beherrschen und lachte deshalb ungehemmt los. Auf verschiedene verwirrte Anfragen seitens der Pieters-Brüder riss sie sich kurz zusammen und erklärte es ihren Kameraden. „Sie haben eingesehen, dass sie keine Chance haben. Aber wenn wir alle überleben sind nur noch zwei Cherubim zu vergeben. Und um die kämpfen sie gerade.“ Wenn man es verstanden hatte, war alles logisch. Nur zwei der vier Überlebenden konnten weiterkommen, daher versuchten sie nun hartnäckig ihre ehemaligen Verbündeten zu vernichten, bevor sie selbst ins Gras beißen mussten. „Luzifer. Zum Glück kann bei uns so etwas nicht geschehen. Lassen wir ihnen ihren Spaß. Wenn sie aufgehört haben sich gegenseitig zu massakrieren, räumen wir auf, was von ihnen übrig ist.“ Dazu kam es aber nicht, da nur wenige Sekunden später die Bildschirme schwarz wurden und die Simulation beendet war.

[Abschließende Besprechung]

Dieses Mal hatten sich die Piloten vorher umziehen dürfen. Daher standen sie nun in ihrer dunkelgrauen Uniform vor ihrem Ausbilder. Dieser blickte seine Schützlinge teilweise stolz, teilweise verachtend an. Wie sie so alle in Reih und Glied standen, sahen sie alle nach hervorragenden Piloten aus. Da er den Funkverkehr aber überwachen hatte, wusste er, dass einige von ihnen während des letzten Gefechts ihre Kameraden hinterrücks angegriffen hatten. So kam es auch, dass er drei Mitglieder der ‚Baals’ unehrenhaft aus dem Dienst entließ. Ein anderer Anwärter rutschte so in der Rangliste der zukünftigen Cherub-Piloten nach vorne. Er hieß Simon Klerett, hatte kurz geschorenes braunes Haar und warme braune Augen. Er war in den Hinterhalt der Baals geraten. Bis dahin hatte er sich zwar sehr gut geschlagen. Mit der Haubitze hatte er es aber nicht aufnehmen können. „Sie alle haben ihr Bestes gegeben, aber nur die sechs Besten werden die Cherubim in Zukunft steuern. Sie anderen werden entweder andere Posten bekommen oder sie können sich ein zweites Mal als Anwärter einschreiben lassen. Die Betreffenden können nun wegtreten.“ Danach verließen die gescheiterten Anwärter den Raum, sodass nur die sechs Gewinner und Hauptmann Müller zurück blieben. Ihr Ausbilder lächelte sie warm an.

„Gratuliere, sie sechs haben es geschafft. Sie werden von nun an einen Cherubim der deutschen Streitkräfte steuern.“ Er holte sechs Briefumschläge aus seiner Uniform und hielt sie hoch. „Ich habe hier einige vorläufige Marschbefehle. Sie können sie annehmen oder ablehnen. Sie können das erste Mal einen Wunsch äußern, wohin sie versetzt werden wollen.“ So ging er zu jedem einzelnen hin und übergab die Befehle. „Steffen und Stefan Pieters, sie werden in Nachschubkontingente versetzt, wo sie sich zu Odinpiloten umschulen lassen können.“ Anschließend stellte er sich vor Richard und Karin. „Anwärter Langensdorff, ich muss sie zu ihrem meisterlichen Plan auf dem Schlachtfeld beglückwünschen. Kaum jemand wäre auf so eine Idee gekommen. Auf Grund ihrer taktischen Fähigkeiten habe ich vorgeschlagen, dass sie an die vorderste Front versetzt werden.“ Ein kurzer Seitenblick zu Karin. „Und da mir sehr wohl bewusst ist, wie sie und Anwärter Kaiser ‚zusammenarbeiten’ und sie ebenfalls großes Können aufweist, hat sie den gleichen Marschbefehl.“ Wegen dieser Worte erröteten Karins Wangen leicht. Sie blickte Richard liebevoll in die Augen und wollte ihm scheinbar sagen: ‚Also bleiben wir noch länger zusammen.’ Für die Worte, die Müller an die zwei letzten frischgebackenen Kadetten richtete, hatten die beiden keine Ohren. Sie hatten sich schon fast damit abgefunden, dass sie sich bald wieder trennen mussten. Und jetzt würden sie auch weiterhin zusammen sein können. Ihnen war beiden klar, dass sie sterben könnten, aber dieses Risiko waren beide bereit einzugehen. Sie umarmten sich voller Freude.

An die nächsten Minuten konnten sie sich nicht mehr erinnern, so sehr schwelgten sie im Glück. Erst als Kadett Klerett Richard kameradschaftlich auf die Schulter schlug, registrierte dieser seine Umgebung wieder bewusst. Er befand sich mit den anderen Kadetten zusammen in der nahen Bar, wo sie an einem der Tische saßen und auf ihr Bestehen anstießen. „Ich hab mir euren Kampf genau angesehen. Wirklich brillant, das muss ich wirklich zugeben. Wir drei werden sicherlich ein gutes Team abgeben, schließlich bin ich der gleichen Einheit wie ihr zugeteilt.“ Die nächsten Stunden feierten die Kadetten ausgelassen. Die Pieters-Brüder tranken um die Wette. Simon Klerett stritt sich mit dem letzten Kadetten darüber, wer von ihnen der Beste sei, schließlich war Klerett in einen Hinterhalt gelockt worden. Richard und Karin sahen amüsiert zu, während Karin sich gegen Richard gelehnt hatte. Auch wenn sie in ein paar Tagen dem Tod in die Augen schauen mussten, so wollten sie diese relativ ruhigen Minuten, denn man musste bedenken, dass sich Klerett und der andere Kadett mittlerweile auf dem Boden prügelten (wenn auch nur aus Spaß), nur umso mehr genießen. Sie sahen sie tief in die Augen und Karin hauchte Richard einen sanften Kuss auf die Lippen. „Jetzt musst du mich wohl oder übel noch länger ertragen.“ „Ich werde es schon überleben, sei dir dabei mal ganz sicher.“ Beide lächelten sich sanft an. Danach schauten sie wieder dem Kampf zu, der sich langsam ausweitete. Zwar war noch immer alles gespielt, aber die Pieters-Brüder dachten sich anscheinend, dass sie den anderen beiden nicht den ganzen Spaß alleine überlassen konnten. Daher mischten sie jetzt auch tatkräftig mit. Wenn man aber bedachte, dass beide bereits einige hochprozentige alkoholische Getränke intus hatten, konnte man sich ausrechnen, dass ihre Trefferquote dementsprechend gering ausfiel. Dafür ging aber umso mehr kaputt, was den Barmann aber nicht sehr beunruhigte, schließlich würde man ihm den Schaden ersetzen. Während Richard diesem Scharmützel zusah und Karin sich ruhig an ihn kuschelte, ließ er seine Gedanken etwas treiben. <Auch wenn sich die Welt in diesen Tagen am Rande des Untergangs befindet, gibt es noch Schönes, wofür es sich lohnt zu leben. Die Zukunft wird zeigen, was die Menschheit und uns sechs speziell erwartet. Heute sollten wir uns noch amüsieren, denn die Realität des Krieges wird uns schon früh genug einholen.>

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ANMERKUNGEN

(1) - Hat jemand zufälligerweise Ähnlichkeiten zwischen Karin und Asuka festgestellt?

(2) - Hatten wir das nicht schon bei Sakura ?!?

(3) - Soweit ich weiß ist Baal einer der drei Teufel. Baal, Mephisto und Diablo. Ist doch richtig, oder?

HILFEERSUCHE

- Wie groß ist durchschnittlich ein 14-jähriges Kind aus Japan? Etwa 1,65m?

SCHLUSSWORT

Hat ja lange genug gedauert, oder? Jedenfalls bin ich mit dem zweiten Kapitel zufrieden. In diesem Teil lag der Schwerpunkt auf dem Zeitraum 2000-2003.Dadurch konnte man mehr Informationen erhalten, wie es überhaupt zur Situation im Jahre 2014 gekommen ist. Ab dem nächsten Kapitel wird die Spannung zunehmen. Außerdem strukturiere ich die Kapitel um. Statt der bisherigen 10.000 Wörter pro Kapitel werde ich von nun an 5.000 Wörter als Kapitelrichtwert nehmen, da ich die Geschichte so häufiger updaten kann.

Langsam beginnt sich die Story heraus zu kristallisieren. Bald werdet ihr mehr erfahren und verstehen.